Heiko Jacobs' Seiten zum Thema:

U-Strab / Stadtbahntunnel / Kombilösung Karlsruhe

-- Signalisierung, Kapazität --

In Tunneln wird nach Signal gefahren. Fahren auf Sicht wie oberirdisch scheidet nahezu aus (bringt aber bei einer modernen Signalisierung auch nichts).

96: Die Signalisierung war mit Blockabständen im Haltestellenabstand geplant. D.h. eine Bahn hätte erst dann von einer Haltestelle losfahren können, wenn der gesamte Abschnitt bis zur nächsten Haltestelle inklusive frei ist. Eine vorausfahrende Bahn hätte die nächste Haltestelle also erst verlassen müssen. Dieses bei anderen U- und S-Bahnen übliche Verfahren hätte die Kapazität einer unterirdischen Strecke gegenüber einer oberirdischen deutlich reduziert. Gleisdreiecke unten sind so von der Kapazität her kaum zu bewältigen.

B/C: Moderne Signaltechnik und die im Vergleich zu normalen Eisenbahnen deutlich leistungsfähigeren Bremsen einer Straßenbahn ermöglichen mittlerweile deutlich kürzere Blockabtände, d.h. sie sind nicht mehr so lang wie ein Haltestellenabstand, sondern dieser wird mehrfach unterteilt. Eine Bahn kann also schon losfahren, wenn die vorausfahrende noch im Tunnel vor der nächsten Haltestelle ist, aber schon mindestens einen Blockabstand weit entfernt ist. So wird die Kapazität deutlich erhöht. Sie liegt jetzt nahe an der Kapazität einer oberirdischen Strecke mit Fahren auf Sicht, erreicht diese aber nicht ganz. Das Management unterirdischer Gleisdreiecke wird damit möglich. Unterirdische Gleisdreiecke sparen Platz und Kosten. Außerdem müssen Haltestellen nicht so tief liegen, wie sie teilweise 96 geplant waren.

B2: Speziell stellt sich bei B2 die Frage, ob die heutige oberiridsche Kapazität auch unterirdisch erreicht werden kann und ob noch Kapazitätsreserven bestehen. Simulationen haben ergeben, dass die heutige Kapazität erreicht wird. Man erwartet aber, dass die Fahrgastzahlen wie bisher jährlich um die 5% steigen und dass man irgendwann eine höhere Kapazität braucht. Oberirdisch ist die Kapazität weniger technisch begrenzt, sondern eher politisch, weil man Fußgängern mehr Bahnen nicht zumuten will. Daher kann ein Tunnel, der ohne Fahren auf Sicht eigentlich eine niedrigere Kapazität hat, nominell eine höhere Kapazität haben. Aber auch dies hat seine Grenzen.

Man sieht an den Staus vor den Haltestellen, dass nicht die Strecke der Engpass ist, sondern die Haltestellen. An der Zahl der ein- und aussteigenden Fahrgäste und an der Zeit, die sie dafür brauchen, ändert sich unterirdisch nicht sehr viel. Wartet bei langen Blockabständen die Bahn in der vorherigen Haltestelle, kann die Bahn nun schon früher einfahren und muss ggfs. im Tunnel warten, was für die Fahrgäste eher unangenehm ist. Durch die Signalisierung summieren sich Verzögerungen an Haltestellen und Gleisdreiecken (abbiegende Linien) recht schnell auf. Verlustzeiten gegenüber dem Fahrplan und Wartezeiten im Tunnel entstehen.

Die Simulation, die im Arbeistkreis öffentlicher Verkehr präsentiert wurde, sagte folgendes:

Fahrplan 98/99 (dieser war noch ohne Linie 6) : Durchführbarkeit gegeben, Verlustzeiten vergleichbar mit heute, maßgeblicher Engpass: Europaplatz.

Erweiterung 1 (Linie 6 im 20-min-Takt, S4 im 10-min-Takt, eine Reservelinie "7"): deutlich höhere Verlustzeiten als im Fahrplan 98/99, Grenze des über einen ganzen Betriebstag Vertretbarem.

Erweiterung 2 (Linie 6 im 10-min-Takt): starker Anstieg der Verlustzeiten gegenüber Erweiterung 1, Überlastung des Knotens Europaplatz.

Erweiterung 3 und 4 (Verdichtung auf 8-min-Takt): extrem verlängerte Verlustzeiten, höchstens während Verkehrsspitze vertretbar, nicht zu empfehlen, Kapazitätsreserve mit Erweiterung 2 erreicht.

Diese recht negative Bewertung hatte zwei Konsequenzen: Man verzichtete im weiteren Verlauf auf einen straßenbahnfreien Europaplatz, denn dieser hat sich wegen vielfältigerer Abbiegebeziehungen als Engpass herausgestellt. Die Folgewirkungen sah man bereits weiter oben.

Die Diskussion um die Kapazität einer rein unterirdischen Lösung führte am Schluss des Arbeitskreises dazu, dass alle Vertreter von Parteien und Verbänden, auch diejenigen, die sich eigentlich für die Variante B aussprachen, sich eine Hintertür offen ließen, auf die 2. Baustufe B2 eventuell zu verzichten. Die Kapazitätssimulation überzeugte offenbar nicht im geringsten.

Die als Kapazitätsreserve manchmal zu hörenden Zahlen (40-50%) erachte ich als überhöht. Sie bauen teilweise auch auf längere Züge. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass die aufkommensstarken Linien heute schon oft mit Doppeltraktion fahren und somit nicht mehr verlängerbar sind, es sei denn, man baut die Haltestellen auf 120 statt auf 80 m aus, was aber nur dann was bringt, wenn auch die Zulaufstrecken entsprechend ausgebaut sind. Das scheitert aber daran, dass die StVO eine maximale Länge von Straßenbahnzügen von 75 vorgibt. Und die aufkommensschwachen Linien mit Doppeltraktion verkehren zu lassen, bringt herzlich wenig.

B2, die straßenbahnfreie Fußgängerzone, führt den Nahverkehr in eine Sackgasse. Man wird eines Tages zu Entlastungsmaßnahmen greifen müssen, mit denen man schon in einem rein oberirdischen Netz die City entlasten könnte. Mit B2 gewinnt man für teures Geld nichts.

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